Epikur und der Abschied vom Schicksal

Die Version F.051 des Myschkin ist fertig und kann hier: Myschkin_f0.51 heruntergeladen werden.
Das wichtigstes neue Kapitel würdigt Epikurs Zufall, in der Nachfolge von Marx und seiner Doktorarbeit, als Voraussetzung von Freiheit.
Passend zu Epikur geht es auch um Lust und Unlust.
Dabei fasziniert mich vor allem der Tannhäuser-Mythos, der genau das, nämlich die Unlust an zuviel Lust, thematisiert.
Einen Artikel zum Tannhäuser finden Sie im PDF-File. Hier nun Epikur:

Epikur und der Abschied vom Schicksal
Die Frage, ob man den Dingen einfach ihren Lauf lassen muss oder ob man sie zum Guten wenden kann, ist schon alt und immer noch aktuell.
Es ist die Frage, ob man einem Schicksal einfach ausgeliefert ist, dem man nicht entkommen kann oder ob man die Freiheit hat sein Leben selbst zu bestimmen.
Dieser Frage sind auch zwei gegensätzliche Theaterformen zugeordnet:
Die Tragödie schildert das Ausgeliefertsein, während die Komödie davon handelt, wie man dem Tod von der Schippe springt.
Die Komödie gilt als unernst, ist aber dafür um so volkstümlicher, während die Tragödie den Herrschaftsblick widerspiegelt.
Die Frage nach dem Schicksal hängt unmittelbar mit der Frage zusammen, ob und wie die Welt, so wie sie ist, determiniert ist.
Ist sie im strengen Sinne, so wie sich das z.B. Laplace vorgestellt hat, determiniert, dann müssen wir unserem Geschick folgen und alles was wir versuchen ihm zu entgehen, ist eitel und nutzlos.
Wenn wir aber bestimmen können, ob wir an der nächsten Weggabelung nach links oder rechts gehen können, dann beeinflussen wir unser Schicksal und je nach unserer Entscheidung schaffen wir eine andere Welt.
Damit so etwas überhaupt möglich ist, damit es überhaupt Weggabelungen gibt, muss die Welt so beschaffen sein, dass A nicht notwendigerweise B folgt, sondern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit stattdessen C oder D.
Diese Wahrscheinlichkeiten müssen selbst wieder beeinflussbar sein durch andere Ereignisse usw. Erst dadurch entsteht eine Welt die nicht voraus bestimmt ist.
Dadurch entsteht aber zugleich eine Welt in der es eine gerichtete Entwicklung gibt, dass heißt, die Fähigkeit zwischen Alternativen zu wählen und die Möglichkeit die Zeit gewissermaßen rückwärts laufen zu lassen, schließen sich gegenseitig aus.
Weil unser Schicksal nicht bis ins letzte vorbestimmt ist, ist Reversibilität eine seltene Ausnahme.
Die Grundidee bei Epikur ist ja, dass jedes Atom auf seiner Bahn um eine Winzigkeit von seinem vorbestimmten Kurs abweichen darf.
Diese Unbestimmtheit ist, wie Marx in seiner Doktorarbeit über die Differenz der epikureischen und demokritischen Naturphilosophie aufzeigt, notwendig, damit wir nicht blind und hoffnungslos einem unausweichlichen Schicksal ausgeliefert sind.
Ob Schrödingers Katze am Leben bleibt oder stirbt ist ungewiss, aber wenn es diese Ungewissheit nicht gebe, ginge es uns allen wie Ödipus, dem bei seiner Geburt schon Tereisias weissagen konnte, dass er seinen Vater erschlagen und seine Mutter heiraten werde.
Wir wären fortwährend schuldlos schuldig, weil wir gar keine Chance hätten einem vorbestimmten Schicksal zu entkommen.
Weil wir uns aber in einem Möglichkeitsraum vorwärts bewegen, in dem in jeder Sekunde tausende potentielle Zustände nicht zur Wirklichkeit gelangen und nur einer real wird, können wir unser Leben beeinflussen.

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Ohne Frauen kein Schmerz !

Es hat etwas gedauert, aber es gab technische Probleme mit der aktuellen Version von Libreoffice.
Auch inhaltlich gab es Probleme: Epikur als Philosoph der Lust hat keine Lust auf Frauen.
Das ist ein Paradox. Und damit interessant.
Das Ergebnis finden sie hier Myschkin f0.50 – Altvater_ Walter

Hier das Kapitel über Epikur:
3. Ohne Frauen kein Schmerz !

Aber auch jene, die den Sinnen den Vorzug gaben unter den Griechen, waren deswegen noch lange keine Freunde der Sinnlichkeit.
So liest man bei Epikur:
„Denn es sind nicht Trinkgelage und fortgesetzte Feste und auch nicht der Genuss von Knaben und Frauen oder Fischen und das übrige Angebot eines reich gedeckten Tischs, was das Leben angenehm macht, sondern die nüchterne Überlegung, die die Gründe für jedes Wählen und Meiden erforscht und diejenigen Meinungen vertreibt, aufgrund von welchen größte Unruhe die Seelen ergreift.“
(Epikur, Ausgewählte Schriften, Brief an Menoikeus, Seite 7, Stuttgart 2010)
Ein merkwürdiger Text, bei dem Frauen, Knaben und Fische gleichermaßen unter die Genussmittel eingereiht werden.
Wenn ich des Altgriechischen mächtig wäre, würde ich diese Stelle einer näheren Betrachtung unterziehen, denn der Zusammenhang zwischen Fischen, Knaben und Frauen erschließt sich mir nicht.
Der „Brief an Menoikeus“ ist ähnlich wie z.B. die Briefe des Paulus im christlichen Umfeld, eine Werbeschrift für die eigene Philosophie, hier der epikuräischen. Da die meisten Werke Epikurs verloren oder verschollen sind, ist es zugleich eines der wenigen originalen Zeugnisse.
Epikur plädiert darin für ein bescheidenes, aber genussvolles Leben.
Er besteht auf der Endlichkeit, auch unserer Seelen und darauf, dass wir unseren Sinnen vertrauen.
Die Lust ist ihm in erster Linie Abwesenheit von Schmerz.
Epikur rät sich von Lüsten fern zu halten, bei denen am Ende der Schmerz überwiegt. Außerdem lässt sich Lust nicht beliebig steigern. Es macht großen Spaß sich genussvoll satt zu essen. Aber sich zu überfressen, macht keinen Spaß. Und die sogenannten raffinierten Genüsse bringen, z.B. beim Essen, nicht unbedingt eine wirkliche Steigerung der Lust.
Die zitierte Stelle ist übrigens die einzige in dem ganzen Brief, in dem überhaupt von Frauen die Rede ist.
Es ist für ihn keine Frage, dass die Liebe zu Frauen nur Schmerz bereitet, jedenfalls mehr Schmerz als Lust:
„Keine Lust ist an sich selbst etwas Schlechtes, aber das, was einige Arten von Lust hervorbringt, erzeugt Störungen, die um ein vielfaches größer sind als die Empfindungen der Lust.“
(Epikur, Ausgewählte Schriften, Die Hauptlehrsätze(Kyriai Doxai), Seite 14, Lehrsatzt VIII Stuttgart 2010)
„Spruch 51
Ich erfahre von Dir, dass die Erregung des Fleisches dich im Übermaß zum geschlechtlichen Verkehr drängt. Wenn du weder Gesetze brichst noch die guten Sitten verletzt, noch einem deiner Nächsten Schaden zufügst, noch dein eigenes Fleisch aufreibst, noch die notwendigen Dinge vergeudest, dann geh ruhig so, wie du willst, deiner Neigung nach. Freilich ist es nicht machbar, nicht wenigstens gegen eine dieser Bedingungen zu verstoßen; die erotische Vergnügung hat nämlich noch nie jemandem genutzt, man muss sogar froh sein, wenn sie nicht geschadet hat.“
(Epikur, Ausgewählte Schriften, Die Vatikanische Spruchsammlung (Gono­mo­lo­gi­gum Vaticaneum Epicureum, Seite 30, Spruch 51, Stuttgart 2010)
Unmittelbar darauf heißt es im Spruch 52:
„Die Freundschaft tanzt um die Welt und fordert uns alle auf, aufzuwachen zum Glück.“
(Epikur, Ausgewählte Schriften, Die Vatikanische Spruchsammlung (Gono­mo­lo­gi­gum Vaticaneum Epicureum, Seite 30, Spruch 52, Stuttgart 2010)
Man muss, glaube ich, nicht erwähnen, dass hier bestimmt nur die Freundschaft unter Männern gemeint sein kann, denn wie soll überhaupt eine wahre Freundschaft zwischen Mann und Frau möglich sein, bei der nicht wenigstens feine erotische Schwingungen in der Luft sind.
Die beiden Gegenpole Epikur und Plato treffen sich bei der „platonischen Liebe“. Und vor die Tür hängen sie gemeinsam ein Schild:
„Frauen und Hunde haben hier keinen Zutritt !!!“
Übrigens: Ohne Frauen kein Schmerz ist keine Übersetzung des Bob Marley-Hits „No woman no cry“, denn im jamikanischen Englisch bedeutet „No woman no cry“ sinngemäß ins Deutsche übertragen: „Komm Mädchen, weine nicht !“.
Bob Marley war halt in einer anderen Kultur zu Hause als der griechisch-römisch-christlich-abendländischen !
Und die Freundschaft wird erst dann wirklich um die Welt tanzen und uns alle zum Glück aufzuwachen, wenn diese Freundschaft die Frauen und den Eros gleichermaßen einschließt.

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Die Suche des Magens nach dem letzten Grund – Eine Auseinandersetzung mit Rorty

Die nächste Version steht zum Download als PDF bereit:
Myschkin_f0.49
Die Version enthält zahlreiche kleinere Veränderungen und ein Kapitel zur Philosophie Rortys.
Die Suche des Magens nach dem letzten Grund – Eine Auseinandersetzung mit Rorty
„Forschung und Rechtfertigung haben zwar zahlreiche Einzelziele, aber kein überwältigendes Ziel namens Wahrheit. Forschung und Rechtfertigung sind Tätigkeiten, denen wir uns als Sprecher einer Sprache gar nicht entziehen können. Ein Ziel namens „Wahrheit“ brauchen wir dazu ebensowenig, wie unsere Verdauungsorgane ein Ziel namens „Gesundheit“ brauchen, damit sie ihre Funktion erfüllen. Der Verzicht auf gegenseitige Rechtfertigung ihrer Überzeugungen und Wünsche ist den Sprechern einer Sprache genauso unmöglich wie dem Magen die Nichtverdauung der Nahrung.“
(Richard Rorty, Hoffnung statt Erkenntnis. Eine Einführung in die pragmatische Philosophie, S.31)Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Herrn Rorty niemals schlecht war und dass er in seinem Leben kein einziges Mal gekotzt hat.
Jedes Kotzen ist aber der nicht zu leugnende Beweis dafür, dass unser Magen im Interesse unserer Gesundheit auch das Nichtverdauen von Nahrung veranlassen kann.
Verdauen ist für den Magen kein Selbstzweck.
Denn in der Tat ist es das Ziel jeden Lebewesens am Leben zu bleiben. Und dazu braucht dieses Lebewesen den Stoffwechsel mit der übrigen Natur.
Im Rahmen dessen erhält auch der Magen seine Ziele. Und die bestehen keineswegs nur darin alles unbesehen zu verdauen. Dass es einem schlecht wird oder dass man Durchfall bekommt, dient häufig der Abwehr und Abfuhr der Gesundheit nicht zuträglicher Mageninhalte.
Es ist somit keineswegs so lächerlich und überflüssig wie Rorty meint, dem Magen ein Ziel Gesundheit zu unterstellen.
Überhaupt bedeutet „Gesundheit“ ja, dass wir in der Auseinandersetzung mit unserer Umgebung uns selbst, einschließlich unserer diversen inneren Gleichgewichtszustände, erhalten. Was so einfach klingt: Ich, ist in Wirklichkeit ein komplexes System, das ständig in vielfältiger Wechselwirkung mit seinen Mitmenschen, der Natur und der von uns allen geschaffenen 2.Natur namens Kultur steht. Und in all diesen Zusammenhängen wollen wir uns als mit uns selbst identisches erhalten. Das gelingt nie ganz. Aber wenn es gar nicht mehr gelingt sterben wir. Jede einzelne unserer Zellen ist diesem Ziel verpflichtet. Und sobald sich eine größere Zahl unserer Zellen diesem Ziel sich nicht mehr unterordnet, sind wir als Krebskranke todgeweiht.
Aus dem selben Grund aus dem unser Magen dem Ziel Gesundheit verpflichtet ist, benötigen wir Wahrheit.
Etwas zu wissen oder nicht zu wissen, kann existenziell sein. Etwas zu wissen oder nicht zu wissen, kann existenziell sein.
In diesem Sinn dient auch unser Forschen der Wahrheit. Pilze z.B. gelten als essbar, giftig oder berauschend. Und wenn ich in Begründungs- und Rechtfertigungs­zusammenhänge geraten sollte, in denen man den grünen Knollenblätterpilz für geniessbar hält und brät, riskiere ich mein Leben, wenn ich davon esse.
Das heißt: Vollkommen unabhängig von und vor jeder Philosophie gibt es so etwas wie Wahrheit. Einige dieser Wahrheiten sind so elementar, dass ihr Ignorieren mit dem sicheren Tod bestraft wird.
Wobei ich mir fast sicher bin, dass Rorty meinen Einlassungen nicht widersprechen würde.
Er würde sagen, dass ich das Zusammenprallen mit der Wirklichkeit mit ihrer Bewältigung verwechsle („Der Spiegel der Natur. Eine Kritik der Philosophie“ S.406).
Er will keine Wahrheit finden, sondern das Gespräch in Gang halten.
Das man glaubt die Wahrheit zu haben und dann Diskussionen für überflüssig hält, ist was eine „bildende Philosphie“ seiner Meinung nach bekämpfen muss.
Da wollen wir nicht widersprechen.
Aber hat er auch recht, wenn er statt Wahrheit nur noch Diskursergebnisse kennt ?
Zwei Einwände sind hier wichtig:
Erstens werden unsere Gespräche schon deswegen in Gang bleiben, weil auch Wahrheiten ein Haltbarkeitsdatum haben. Wie alles in der Welt entstehen und vergehen sie.
Wir spiegeln die Welt, wir spiegeln uns in Anderen und Andere in uns, wir spiegeln uns in Spiegeln, in Gesichtern, Gesten tausendfach.
Jedes dieser Bilder zeigt uns in einer anderen Facette.
Und so vielfältig, facettenreich wie die Spiegel, in denen wir uns betrachten sind die Wahrheiten über uns. Zweitens haben wir keinen Grund die Ergebnisse eines Diskurses per se für wahr zu halten. Es gibt auch ein „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen“. D.h. Wahrheit kann einsam machen. Trotzdem muss sie gewagt werden. Unbeirrt. Unbeirrbar.
Platoniker werden wir deswegen noch lange nicht.
Der zentrale Irrtum dieser Philosophenschule ist der Glaube an die Ewigkeit und Unzerstörbarkeit gewisser Ideen, die hinter den Dingen deren Wesen bilden sollen. Dass es dieses ewige „Eigentliche“ nicht gibt, macht Begriffe wie „Wahrheit“ oder „Wesen“ weder überflüssig noch unbrauchbar.
Der Spiegel ist in einer nicht-platonischen Welt nur ein Spiegel, und die Idee ein ideeller Spiegel.
Sie vergeht mit dem, was sie spiegeln soll. Und solange es existiert, kann sie niemals mehr zeigen, als das, worauf sie zeigt.
Im Gegenteil: Jedes Ding, das existiert, bildet für sich bereits ein Universum. Ein Universum an Komplexität, an Vielfalt, an Ideen.
Über jedes Schräubchen im Getriebe lassen sich Bücher schreiben und manchmal sind diese Bücher spannender als manches philosophisch konstruierte „Gestell“.
„Wahrheit“ ist in diesem Sinn zwar ein inhärentes, aber kein überwölbendes Ziel. Es gibt die Wahrheit der Schraube, des Zahnrads, des Getriebes, einer Blume, dieses oder jenes Menschen, aber es gibt keine Wahrheit an sich. Wahrheit existiert am allerwenigsten ewig und jenseits unserer Erfahrungen.
In diesem Sinn sind wir mit Rorty einverstanden, wenn er die Metaphysik für immer verabschiedet.
Aber im Gegensatz zu ihm halten wir an Wahrheit und Wesen, als identitärer Kern einer Sache, weiter fest.
Gerade wer nicht in der platonischen Höhle festgebunden ist, sondern sich frei in freier Luft bewegt, versucht immer wieder neu seine innere Welt mit der äußeren zur Deckung zu bringen und ist somit auf der Suche nach der Wahrheit.
Dabei geht es um mehr als bloße „Rechtfertigung“ gegen andere. Auch wenn die Anderen mit ihrer Meinung mir gleichgültig sind, die heiße Herdplatte, Hunger oder Durst, das Verlangen nach Liebe und Anerkennung, werden mir immer genügend Antrieb verleihen, um dem auf der Spur zu bleiben, was Wahrheit heißt.
Dass die Schöpfung sich selbst schöpft und dass wir ein untrennbarer Bestandteil dieses Prozesses sind, ist das, was Rorty interessiert.
Deshalb möchte er Hoffnung, die Suche nach dem Noch-Nicht erreichen an die Stelle einer rückwärts gewandten Suche nach ewigen Wahrheiten setzen.
Wir sind da ganz bei ihm.

Vor allem wenn er sagt:
„Da niemand die Zukunft kennt, weiss auch niemand, welche Über­zeu­gun­gen ihre Berechtigung behalten und welche nicht; und daher gibt es auch nichts Ahistorisches, was sich über die Erkenntnis oder die Wahrheit sagen ließe. Daß man nichts weiter sagt, hat den Effekt, daß das was Europa der Meta­phy­sik und der Erkenntnistheorie anvertraut hat an die Hoffnung übergeht. Es hat den Effekt, dass man Platons Versuch der Zeit zu entrinnen, durch die Hoffnung ersetzt, wir könnten eine bessere Zukunft gewinnen“
(Rorty,Hoffnung statt Erkenntnis. Eine Einführung in die pragmatische Philosophie, S.34)
Wir können und wollen ihm aber nicht folgen, wenn er mit der ewigen Wahrheit die Wahrheit überhaupt verabschiedet. So wenig wir ihm folgen können, wenn er darauf verzichten will, etwas, unabhängig vom Urteil anderer, für wesentlich zu halten.
Dass es keinen Felsen in welcher Brandung auch immer gibt, der dieser ewig trotzt, ist noch lange kein Grund an der Existenz dieses Felsens zu zweifeln.
Wir können und müssen in Bezug auf die Zukunft mehr haben als bloße Hoffnungen oder umgekehrt Befürchtungen.
Was wir z.B. über den zu erwartenden Klimawandel wissen, hat nicht den Charakter einer ewigen, metaphysischen Wahrheit. Trotzdem ist es nichts, was man mal so oder so sehen kann, je nach Diskussionsstand in der Gesellschaft. Die Atmosphärenphysik ist unabhängig von menschlichen Diskussions- und Rechtfertigungsprozessen. Und auch wenn es keine ewigen Wahrheiten sind, sind es doch Wahrheiten.
Und wir wissen auch und das sogar gewiss, dass es für uns wesentlich ist, den Eintrag von Klimagasen in die Atmosphäre zu stoppen.
Begriffe wie Wahrheit, Wesen können nicht einfach den Platonikern überlassen werden, nur weil diese den Geltungsbereich dieser Begriffe fälschlich in die Ewigkeit verlängert haben.
Das Alltagsbewusstsein wusste immer, dass sich jemand in seinem Wesen verändern kann. Und das Alltagsbewusstsein weiß auch, dass dies ein außer­ge­wöhnlicher Vorgang ist.
D.h. der Unterschied zwischen Wesen und Erscheinung existiert unabhängig von der Existenz irgendwelcher ewiger Ideen.
Und zu behaupten, dass „Europa“ der Metaphysik huldigt, bedeutet eine wesentliche philosophische europäische Richtung, die von Demokrit über Epikur bis zu Marx reicht, komplett zu unterschlagen.
Es wäre viel gewonnen für den Pragmatismus, wenn man in der Neuen Welt zur Kenntnis nehmen würde, dass Platon und Kant nicht die einzigen europäischen Philosophen sind.

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Version 0.48 als EBUP

Die aktuelle Version 0.48 kann nun auch als EBUP für EBOOK-Reader runtergeladen werden.
Es handelt sich um ein ZIP-File, das erst ausgepackt werden muss.
Myschkin f0.48 – Walter Altvater.epub

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